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Die Entstehung der Bürgerinitiative
Vorstand von 1989
v.l.n.r Gerd van den Borg (Beisitzer), Rainer Horn (Beisitzer), Manfred Weiland (1. Vorsitzender), Ilse Seiwert (Beisitzerin), Erwin Plath (Geschäftsführer), Lore Lessenich (1. Kassiererin), Marlene Dörfer (2. Vorsitzende), Manuela Marx (2. Kassiererin), es fehlen auf dem Foto Erwin Girolstein (Beisitzer) und Reiner Nachtsheim (Beisitzer)

Bild: Bad Breisiger Echo 14/1989

Naturschutzgemeinschaft Vinxbachtal e.V. Waldorf Historie
Die Gründung des Vereins

Als sich Pläne zur Errichtung einer Müllhochdeponie im geschlossenen Waldgebiet „Auf dem Scheid“ abzeichneten, ging die Freie-Wähler-Gruppe Waldorf in die Offensive. Am 7. Februar 1988 veranstaltete sie im Gasthof Seul ein erstes Bürgergespräch, an dem neben vielen Waldorfern auch Vertreter der Gemeinde Gönnersdorf und des Brohltals teilnahmen. Nachdem die Argumente gegen die Errichtung einer Müllhochdeponie „Auf dem Scheid“ klar herausgestellt worden waren, war sich die gut besuchte Versammlung sehr schnell darüber einig, dass sofortiges gemeinsames Handeln erforderlich sei. Zunächst wurden eine Unterschriftenaktion und eine gemeinsame Versammlung mit Bürgern aus Waldorf, Gönnersdorf und aus dem Brohltal auf den Weg gebracht. So fand am 2. März 1988 in der Vinxtbachhalle Waldorf die erste Bürgerversammlung statt, bei der Mitarbeiter des für die Planung der Deponie zuständigen Ingenieurbüros Björnsen und Vertreter der Kreisverwaltung Ahrweiler zur Information und Diskussion zur Verfügung standen. Obwohl bei dieser Veranstaltung noch keine Angaben über eine Rangfolge der Standorte für die Kreismülldeponie gemacht wurden, sickerte doch in den darauffolgenden Tagen durch, dass in der Prioritätenliste der „Scheid“ an oberster Stelle stand.

Am 9. April 1988 kam es nun in der Vinxtbachhalle unter großer Bürgerbeteiligung zur Gründungsversammlung der „Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal“. Die satzungsgemäßen Ziele des Vereins wurden folgendermaßen festgelegt:

  • Die Gemarkung von Waldorf soll in ihrer gewachsenen Qualität vor schädlichen Umwelteinflüssen geschützt werden.
  • Schützenswerte Quellen und Gewässer, Feuchtgebiete, Äcker, Wiesen (insbesondere Streuobstwiesen) und Wälder (z.B. Scheid, Streitbüsch) sollen in ihrem Bestand erhalten bleiben.
  • Die Gemarkung soll gegen Lärm und Luftverschmutzung geschützt werden.
  • Die Ansiedlung umweltbeeinträchtigender Betriebe einschließlich vorbereitender Maßnahmen soll verhindert werden.
  • Mitglieder dieser Vereinigung und benachbarte Vereinigungen mit gleicher Zielsetzung können zur Durchsetzung der o.g. Ziele aus vorhandenen Mittel der Vereinigung unterstützt werden.
Da viele der Anwesenden Bereitschaft zeigten, sich im Vorstand des Vereins zu engagieren, wurde ein 11-köpfiger Vorstand gewählt. Dieser setzte sich folgendermaßen zusammen: Christine Matheis (1. Vorsitzende), Manfred Weiland (2. Vorsitzender), Klaus Hameyer (Geschäftsführer), Brigitte Nachtsheim-Göbels (1. Kassiererin), Ilse Seiwert (2. Kassiererin), Erwin Plath (Schriftführer), Gerd van den Borg, Wilfried Dünchel, Erich Frömbgen, Erwin Girolstein und Reiner Nachtsheim (allesamt Beisitzer).
Gleichzeitig gründeten sich weitere Vereine in den Nachbargemeinden; in Gönnersdorf „Verein für Ökologie und Landschaftsschutz e.V.“, in Niederzissen „Umweltfreunde Zissener Ländchen“ und in Burgbrohl-Weiler „Vereinigung Rettet den Scheid“ (später umbenannt in „Vereinigung Umwelt- und Landschaftsschutz Burgbrohl e.V.“)
Der Kampf gegen die Kreismülldeponie „Auf dem Scheid“
Ziel der Vereine war es, durch gemeinsame engagierte Aktionen die Umsetzung der Planungen zu verhindern bzw. immer wieder hinaus zu zögern, um mögliche zukünftige politische Veränderungen nutzen zu können. So kam es zur Bildung eines Koordinierungsausschusses, in dem je zwei Vertreter der Vereine von Waldorf, Gönnersdorf, Niederzissen und Burgbrohl-Weiler vertreten waren. Dieses Gremium hatte als eine der ersten Aktionen eine friedliche Großdemonstration „Auf dem Scheid“ vorbereitet und am 16. April 1988 mit Erfolg durchgeführt; am 23. Oktober 1988 folgte die zweite Demo.

Am 17. Februar 1989 forderte die Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal den Gemeinderat Waldorf auf, den Beschluss zu fassen, für den in der Waldorfer Gemarkung liegenden Teil des „Scheid“ bei den zuständigen Behörden einen Antrag auf Naturschutz zu stellen. Am 6. März 1989 stimmte der Gemeinderat Waldorf diesem Antrag zu. Gleichlautende Anträge der örtlichen Initiativen wurden auch in Gönnersdorf, Niederzissen und Burgbrohl-Weiler gestellt.
Die Vereine richteten am 18. Oktober 1989 ein gemeinsames Resolutionsschreiben gegen die geplante Kreismülldeponie „Auf dem Scheid“ an den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, dem sich die Bürgermeister der Gemeinden Waldorf, Gönnersdorf, Niederzissen und Burgbrohl anschlossen.
Am 10. Januar 1990 trafen sich die Initiativen zu einer gemeinsamen Sitzung mit den Verbandsgemeinderäten Bad Breisig und Burgbrohl sowie den Gemeinderäten von Waldorf, Gönnersdorf, Niederzissen und Burgbrohl-Weiler im Dorfgemeinschaftshaus in Gönnersdorf. Hier stand der von den Vereinen beauftragte Rechtsanwalt Klaus Kall Rede und Antwort zu den zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln im Kampf gegen die Deponie. Am Buß- und Bettag 1990 trafen sich Bürger der betroffenen Gemeinden bei einer gemeinsamen Sternwanderung „Auf dem Scheid“. Anlass war der Beschluss des Kreistages, bei dem die benötigte Deponiefläche auf 25 Hektar und die Deponiehöhe auf 40 Meter festgesetzt wurden.
Im Februar 1995 beschloss die Gemeinde Brohltal gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Koblenz zur Errichtung einer Abfallentsorgungsanlage „Auf dem Scheid“ zu klagen. Nach den Gemeinden Waldorf, Gönnersdorf und Niederzissen schloss sich auch die Verbandsgemeinde Bad Breisig der Klagegemeinschaft an. Gegen die Genehmigung der Bezirksregierung zum Bau der Kreismülldeponie wurden bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt neun Klagen eingereicht.
In all den Jahren fanden unzählige Vereins- und Vorstandssitzungen, Koordinationstreffen, Informationsveranstaltungen, Pressetermine, Demos und andere Aktionen statt. Auch wenn die vielen Eingaben, Stellungnahmen, Gegengutachten und Klagen nicht zum direkten Erfolg führten, so wurde dadurch dennoch viel Zeit gewonnen.


Das Ende der Deponiepläne

Vorstand 1995

Der Vorstand 1995, v.l.: Erwin Plath (Beisitzer), Rainer Horn (2. Vorsitzender), Frank Leyendecker (Beisitzer), Bernd Hoffmann (1. Vorsitzender), es fehlen auf dem Foto Manfred Hinz (1. Kassierer) und Lore Lessenich (2. Kassiererin)
1999 wurde der Umweltministerin Martini ein Antrag zur Aufnahme eines FFH- Gebietes „Auf dem Scheid“ in das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000 persönlich übergeben. Bei einem Besuch „Auf dem Scheid“ äußerte die Ministerin, dass der Neubau einer kreiseigenen Deponie völlig überflüssig sei, lehnte aber eine direkte Einflussnahme ab. Der Rechtsanwalt Kall reichte zudem eine 23 Seiten umfassende Beschwerde über die Verletzung der nach Europäischem Recht geltenden UVP-Prüfung (Umweltverträglichkeitsprüfung) sowie den Verstoß gegen die FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) bei der Europäischen Kommission in Brüssel ein.

Schließlich kam es zum Besuch einer Abordnung der Vereine beim Umweltministerium in Mainz mit nochmaliger Aussprache mit Ministerin Martini. Im selben Jahr fand eine Podiumsdiskussion mit allen Parteien des Kreisgebietes in der Vinxtbachhalle Waldorf statt, bei der sich nach der SPD und der FWG auch die FDP erstmals als Gegner der Deponie „Auf dem Scheid“ zeigten. Der Plan zum Bau der Kreismülldeponie zeigte nun deutliche Risse!
Und dann kam die Technische Anleitung Siedlungsabfall (TaSi) zum Bundesabfallgesetz, die die Deponierung unbehandelten Mülls verbot. Letztlich sanken dadurch die zu deponierenden Müllmengen so erheblich, dass sich der Bau einer neuen Mülldeponie wirtschaftlich nicht mehr lohnte und der Kreistag am 22. Juni 2001 endlich zu dem Entschluss kam, den Bau der Deponie fallen zu lassen. So hatten der jahrelange Kampf und die sich hinziehenden Gerichtsverhandlungen für die Bürgerinitiativen zum Erfolg geführt. Am 15. September 2001 veranstaltete die Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal eine kleine Familienfeier mit Dankgottesdienst an der Kapelle am Herchenberg mit anschließendem gemütlichen Beisammensein auf einer Wiese „Auf dem Scheid“.
Die Vereine in Niederzissen und Burgbrohl-Weiler sahen nach dem gemeinsam errungenen Erfolg den Zweck der Vereinigung erfüllt und lösten sich auf, während der Verein in Gönnersdorf sich zunächst dafür entschied, die Vereinstätigkeit ruhen zu lassen. Einige ehemalige Mitglieder der aufgelösten Vereine traten nun der Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal bei. Die letzte Aktion des Gönnersdorfer Vereins war die Errichtung einer „Ökologischen Gedenkstätte“ in dem vereinseigenen Waldstück „Auf dem Scheid“, an dessen Finanzierung sich die anderen Vereine noch beteiligten. Die Mitglieder der Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal entschieden sich bei der Jahreshauptversammlung am 19. November 2001 mit klarer Mehrheit für das Fortbestehen des Vereins. Die Richtigkeit dieser Entscheidung sollte sich sehr bald erweisen.


Der Kampf gegen das Gewerbegebiet „Auf dem Scheid“
Kaum war die Gefahr einer Mülldeponie „Auf dem Scheid“ gebannt, wurden im Gemeinderat Waldorf und im Verbandsgemeinderat Bad Breisig über Pläne diskutiert, in unmittelbarer Nähe der ursprünglichen Planungsfläche der Deponie ein interkommunales Gewerbegebiet zu errichten. Der Jahrtausende alte Lavastrom des Bausenbergs mit seinen zahlreichen wertvollen Biotopen sollte in einer Größenordnung von bis zu 20 Hektar überbaut und somit weitgehend zerstört werden. Im Zuge der Bürgerbeteiligung zur Fortschreibung des Flächennutzungsplanes brachte die Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal am 19. April 2002 erhebliche Bedenken zum Bau eines Gewerbegebietes auf der besagten Fläche zum Ausdruck. Im Hinblick auf die überregionale geologische Einzigartigkeit des Lavastromes und seine schützenswerte Flora und Fauna wurde die Gemeinde aufgefordert, das gesamte Areal unter Schutz stellen zu lassen. Im Juli 2002 informierte der Vereinsvorstand der Naturschutzgemeinschaft in einem Informationsschreiben alle Mitglieder über die Planungen und die voraussichtlichen Folgen für Fauna und Flora.
Im August 2002 setzte sich die Naturschutzgemeinschaft mit den anerkannten Naturschutzverbänden (BUND, NABU, GNOR, AGL, LJV, RVDL) in Verbindung und bat um deren Stellungnahmen zu den Planungen. Wie erwartet, wurden die Planungen zum Gewerbegebiet „Auf dem Scheid“ von allen Verbänden mit Hinweisen auf die besondere geologische und ökologische Bedeutung des Areals abgelehnt.
Die Neuwahlen des Vorstandes während der Mitgliederversammlung am 8. September 2002 ergaben folgendes Ergebnis: Rainer Horn (1. Vorsitzender), Erwin Plath (2. Vorsitzender), Klaudia Felten (1. Kassenwart), Manfred Weiland (2. Kassenwart), Christine Koch (Beisitzerin), Inge Hausmann (Beisitzerin). Der Vorstand informierte alsbald die Waldorfer Bürger im Abstand von wenigen Monaten mit zwei Flyern über die Planungen und über die besondere Bedeutung des Areals.

Am 18. März 2003 entschied sich der Gemeinderat Waldorf für die Herausnahme des Gewerbegebietes „Auf dem Scheid“ aus dem Flächennutzungsplan. Die Richtigkeit dieses Beschlusses wurde am 25. März 2003 durch eine von der Ortsgemeinde in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie eindeutig bestätigt. Dem fraktionsübergreifenden Antrag, das Naturschutzgebiet Bausenberg um den Lavastrom mit dem dazugehörenden Areal zu erweitern, wurde mit nur einer Gegenstimme zugestimmt. Nachdem auch der Gemeinderat Gönnersdorf einen entsprechenden Beschluß gefasst hatte, reichte das Planungsbüro Argus im Mai 2004 bei den zuständigen Behörden einen entsprechenden Antrag auf Erweiterung des bestehenden Naturschutzgebietes Bausenberg und einen Antrag zur Aufnahme eines FFH-Gebietes „Basaltlavastrom des Bausenberg mit Laubwäldern, Magerwiesen und angrenzenden Wäldern“ in das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000 ein. Wenn auch dem Antrag auf Erweiterung des Naturschutzgebietes Bausenberg nicht entsprochen wurde, so gehört der Bausenberg mit großen Teilen seines Lavastroms und dem angrenzenden Areal allerdings seit 2005 zum FFH-Gebiet „Vulkankuppen am Brohlbachtal“.


Neue Ziele und Aufgaben des Vereins
Die Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal setzte sich danach neue Ziele im lokalen Naturschutz. Eins der neuen Ziele war die Erhaltung der Streuobstwiesenbestände in Waldorf und Umgebung. Dies gipfelte im Mai 2007 in der feierlichen Eröffnung des kreisweit ersten Streuobstlehrpfades mit Unterstützung der Ortsgemeinde Waldorf und des Landes Rheinland-Pfalz. Am 26. Oktober 2008 veranstaltete der Verein gemeinsam mit der „FÖNO GbR (Fördergemeinschaft naturnaher Obstwiesen und -weiden)“ den 1. Vinxtbachtaler Obstsortentag, eine überregional beachtete Ausstellung rund um den Erhalt und die Entdeckung alter regionaler Obstsorten. In den Jahren 2010, 2014 und 2017 folgten weitere Vinxtbachtaler Obstsortentage mit je rund 1.000 Besuchern.

Obstsortentage

Während der Obstsortentage konnten die Besucher die ihnen unbekannten Obstsorten bestimmen lassen.

Obstbaum-Schnittkurse

Auch die von der Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal e.V. durchgeführten Obstbaum-schnittkurse erfreuen sich großer Beliebtheit.
Zu den vielen Aktionen des zwischenzeitlich eingetragenen Vereins gehören auch die alljährlichen Krötensammlungen. Zwischen Gönnersdorf und Rheineck werden jährlich hunderte Kröten, Frösche und Salamander während ihrer Wanderung sicher über die Straßen gebracht. Ebenso hat die kontinuierliche Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus schon zum erfolgreichen Rückgang dieser invasiven Pflanze geführt. Führungen und Wanderungen, auch für Kinder und Jugendliche, durch die Natur unserer Heimat gehören ebenfalls zum Programm des Vereins und die regelmäßig erscheinenden Artikel über die heimatliche Flora und Fauna erfreuen sich großer Beliebtheit bei der Leserschaft des „Blick aktuell“. Nach einer 20-jährigen Pausierung löste sich im November 2021 der Gönnersdorfer Verein für Ökologie und Landschaftsschutz e.V. auf, wobei das Vereinsvermögen einschließlich des vereinseigenen Waldgrundstücks „Auf dem Scheid“ an die befreundete Naturschutzgemeinschaft Vinxtbachtal e.V. übertragen wurde.